Eigenspannungen sind mechanische Spannungen, die in Werkstoffen und Bauteilen vorliegen, aber nicht auf eine äußere Last zurückzuführen sind. Hervorgerufen werden sie durch plastische Verformung und sie sind grundsätzlich in jedem Bauteil in unterschiedlichem Maße vorhanden. Bauteileigenspannungen entstehen bei nahezu allen Herstellungs- und Verarbeitungsprozessen und können einen signifikanten Einfluss auf Festigkeiten und Lebensdauer von Bauteilen haben. Überlagern sich Eigen- und Betriebsspannung ungünstig, kann es zu Materialversagen kommen, ohne dass die äußere Last die Festigkeitsgrenze erreicht! Im Umkehrschluss können Komponenten durch gezieltes Einbringen von Eigenspannungen in ihrer Betriebsfestigkeit verbessert werden. Quantitative Informationen über die Größe und Orientierung vorliegender Eigenspannungen sind daher wichtige Qualitätsmerkmale und können schadensrelevante Einflussgrößen sein. Ein bewährtes Verfahren zur Bestimmung der Eigenspannungen an kristallinen Materialien ist die Röntgendiffraktometrie (XRD).
Kurzwellige Röntgenstrahlung wird an den Kristalliten des Bauteilmaterials gebeugt (Bragg-Reflexion). Über die 2-Theta-Methode lassen sich hierdurch Informationen über die Atomabstände im Kristallgitter (sog. Netzebenen-Abstände) ableiten. In einem elastisch verspannten Werkstoff treten gegenüber dem spannungsfreien Zustand Änderungen der Netzebenen-Abstände auf. Dies nutzt man bei der röntgenographischen Eigenspannungsanalyse mit der sin2ψ Methode. Die Röntgenbeugung erfolgt an der Probe bei unterschiedlichen Kippwinkeln und ermöglicht so einen präzisen Nachweis von Längenänderungen in den Atomabständen in Kipprichtung. Unter Verwendung von Elastizitätskonstanten lassen sich diese Längenänderungen in Druck- oder Zugspannungswerte (angegeben in MPa) umrechnen. Die Eigenspannung lässt sich damit in eine bestimmte Bauteilrichtung analysieren. Durch Kippung in drei verschiedenen Bauteilrichtungen errechnet sich der Spannungstensor.
Die Informationstiefe der Röntgenstrahlung ist relativ gering und beträgt nur einige µm. Die Eigenspannung wird folglich an der Bauteiloberfläche ermittelt. Durch wiederholten, lokalen Materialabtrag mittels elektrolytischem Ätzen ist es möglich, einen Tiefenverlauf der Eigenspannung abzuleiten, ohne die Eigenspannungen im Bauteil signifikant zu verändern. Dies kann bei sehr hoher räumlicher Auflösung erfolgen.
Unser kompaktes Diffraktometer ist auf einem 6-Achsen-Roboter montiert. Dieser Aufbau ermöglicht die Untersuchung von Bauteilen unterschiedlichster Form und Größe. Präzise Eigenspannungsmessungen führen wir an verschiedensten Metallen und Legierungen durch (z.B. Stahl, Ni, Cu, Ti, Al, etc.). Unterschiedliche Röntgenröhren werden materialspezifisch eingesetzt, um optimale Messergebnisse zu erzielen.
Artefaktfreies Abtragen der Bauteiloberfläche durch elektrolytisches Ätzen ermöglicht Messungen der vorliegenden Eigenspannungen in verschiedenen Bauteiltiefen. Damit lassen sich Spannungsverläufe in einem Tiefenprofil darstellen.
Wir führen Bestimmungen von Restaustenit-Gehalten mittels Röntgenbeugung an Stählen durch. Der Austenit (γ-Eisen) besitzt ein charakteristisches Beugungsmuster, welches ihn vom Ferrit (α-Eisen) unterscheidet. Basierend auf einem Diffraktogramm lassen sich die Gehalte dieser zwei Komponenten bis hin zu sehr niedrigen Konzentrationen (<1%) sicher quantifizieren. Für die Messung verwenden wir ein für die Anwendung optimiertes Diffraktometer, welches mit einer 65 kV Molybdän-Röntgenröhre ausgestattet ist. Die Messungen entsprechen der Norm ASTM E975.
Die Eigenspannungsmessungen entsprechen den Normen ASTM E915, ASTM E2860 sowie EN 15305. Zudem führen wir Messungen und Auswertungen analog zu OEM-Vorschriften durch, z.B. VW (PV 1005)
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