Modellbasierte Systementwicklung und
Digitaler Zwilling: eine hocheffiziente Kombination
Wenn es auf Perfektion ankommt, stellen detaillierte Planung und realitätsnahe Generalproben sicher, dass in der Praxis alle Handlungsstränge aufeinander abgestimmt sind und planmäßig verlaufen. Dasselbe Prinzip verfolgt der Digitale Zwilling: Virtuelle Abbilder physischer Produkte ermöglichen die Optimierung von Entwicklungs-, Beschaffungs- und Wartungsprozessen. Fehlentscheidungen können minimiert und Ressourcen optimal eingesetzt werden, indem der gesamte Lebenszyklus - von der Entwicklung bis zur Ausmusterung - simuliert wird.
Mit der "Zeitenwende" steigen die Rüstungsinvestitionen deutlich an. Die zunehmende Komplexität des Wehrmaterials erfordert jedoch neue Instrumente für ein kontrolliertes und effizientes Handeln. Der Digitale Zwilling bietet diese Möglichkeit: von der Bedarfsermittlung über die Beschaffungsentscheidung bis hin zum laufenden Betrieb.
Im Mittelpunkt des Digitalen Zwillings steht die Fähigkeit, produkt- oder prozessbezogene Daten zu verarbeiten und zu analysieren, um wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen und Muster zu erkennen. Gleichzeitig kann ein detailliertes 3D-Modell des physischen Objekts erstellt werden, das ständig mit Echtzeitdaten aktualisiert wird. Dies ermöglicht präzise Simulationen verschiedener Szenarien und damit Vorhersagen über zukünftiges Verhalten oder Leistung.
Auf Basis der durchgeführten Analysen und Simulationen können konkrete Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden, die dann auf das physische Objekt übertragen werden. Diese Änderungen werden wiederum in den digitalen Zwilling zurückgespiegelt, so dass ein kontinuierlicher Verbesserungskreislauf entsteht. Durch diesen ständigen Austausch zwischen physischer und digitaler Welt eröffnen sich neue Möglichkeiten der Effizienzsteigerung und Innovation.
Erst simulieren, dann entscheiden
Die Vorteile sind vielfältig: Da beispielsweise in der Designphase Änderungen nicht mehr am physischen Prototyp, sondern virtuell vorgenommen werden können, verkürzen sich die Entwicklungszyklen drastisch. Anforderungen können präziser definiert und sofort auf ihre Machbarkeit überprüft werden. Zudem ermöglicht die Technologie einen effektiveren Informationsaustausch und damit eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Militär, Ingenieuren und Zulieferern. Die Stärke des digitalen Zwillings zeigt sich auch in Krisensituationen: Bei einer sich schnell verändernden Bedrohungslage kann innerhalb weniger Stunden analysiert werden, wie sich Änderungen an Ausrüstung oder Taktik auswirken würden. Das verschafft einen entscheidenden strategischen Vorteil.
Ein konkretes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz dieser Technologie ist die Entwicklung des Gesamtsystemdemonstrators (GSD) 'LuWa' (Luftbeweglicher Waffenträger). Ziel des von der IABG geführten Projektes ist es, Konzepte und Technologien für ein Nachfolgesystem des Waffenträgers Wiesel 1 zu untersuchen. In nur 25 Monaten wurde der Demonstrator von der Idee bis zur Endabnahme realisiert - eine Geschwindigkeit, die ohne den Digitalen Zwilling nicht möglich gewesen wäre. Durch die enge Abstimmung der beteiligten Projektpartner - die deutschen Firmen ACS und FFG sowie Valhalla Turrets aus Slowenien - konnten die Subsysteme Bewaffnung, Antrieb und Fahrwerk unabhängig voneinander parallel entwickelt und verschiedene Konzepte untersucht werden. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) war als Auftraggeber jederzeit in die Planung und den Entwicklungsstand eingebunden.