Die deutsche Sicherheitspolitik basiert auf dem Weißbuch 2016, das die Notwendigkeit präziser, skalierbarer militärischer Einsätze sowie den Schutz eigenen Personals und die Minimierung von Kollateralschäden betont.
Zwei Zitate aus dem Weißbuch formulieren unseren Auftrag:
Wirkung ist entscheidend für die Auftragserfüllung. [...] bei Anwendung militärischer Gewalt sind Präzision und Skalierbarkeit wesentliche Voraussetzungen, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen und Schaden von Unbeteiligten abzuwenden.
Überlebensfähigkeit und Schutz unseres Personals und unserer Fähigkeiten […] sind essenziell für die Aufgabenwahrnehmung. Zugleich sind sie Ausdruck der Verantwortung für die der Bundeswehr anvertrauten Menschen.
Wir bewerten technisch-operationell die Wirkung von Waffeneinsätzen gegen beabsichtigte Ziele und zur Minimierung unerwünschter Begleitschäden gegen eigene Kräfte und Unbeteiligte.
Auf der Basis von Modellbildung und Simulation erfolgt diese Bewertung mit dem universellen Verwundbarkeitsmodell (UniVeMo), das wir für die Bundeswehr als nationalen Standard entwickeln und betreiben. Diese Simulation ermittelt erwartbare Schäden an einzelnen Zielkomponenten aufgrund der Wechselwirkung mit Waffeneffekten und die daraus resultierenden funktionalen Konsequenzen in Form akkumulierter Ausfallwahrscheinlichkeiten der Systemfähigkeiten, z. B. Fahren, Funken, Feuern.
Damit dient UniVeMo einerseits der Analyse der Verwundbarkeit und Überlebensfähigkeit eigener Systeme gegen fremde Waffen als auch der Bewertung der Wirksamkeit eigener Waffen gegen fremde Ziele.
In UniVeMo kann jede Art von Ziel analysiert werden. Dies umfasst bemannte und unbemannte Fahrzeuge zu Land, Luft und Wasser, einschließlich ihrer Wirkmittel.
Eine Zielbeschreibung für UniVeMo besteht aus einer geometrischen Beschreibung und weiteren Eigenschaften bzw. Parametern, die bei der Analyse benötigt werden. Die 3D-Geometrie muss alle funktionalen Komponenten des Ziels wie Motor, Steuergeräte und Bedienelemente sowie die nicht-funktionalen Komponenten wie passive Panzerung abbilden. Allen Komponenten werden der Werkstoff und ein Füllfaktor zugewiesen, welcher nicht modellierte Details statistisch berücksichtigt. Komponentenausfallfunktionen beschreiben die Wahrscheinlichkeit des Versagens der Komponentenfunktion bei Schäden, die aus der Wechselwirkung mit Waffeneffekten resultieren. Für den Ausfall von Systemfähigkeiten ist ein Fehlerbaum hinterlegt, der die relevanten Komponenten enthält und ihr logisches Zusammenwirken beschreibt, wobei besonderes Augenmerk auf Redundanzen zu richten ist.
Die Zielmodellierung ist der bei weitem aufwändigste Teil der Wirkungsanalyse, da hierfür ein tiefgreifendes Systemverständnis des Ziels erarbeitet werden muss und Expertenwissen zu Möglichkeiten und Grenzen der Wirkeffekte notwendig ist.
Die Munitionsbeschreibung kann sich auf die anzuwendenden Wirkeffekte beschränken. Bei einem einzelnen Splitter eines Gefechtskopfes reichen hierfür Masse, Material, Formtyp und Geschwindigkeit. Um Direkttreffer einer ballistischen Rakete durch einen Abfangflugkörper einschließlich Trümmerbildung darzustellen, müssen beide Objekte in der Qualität einer Zielbeschreibung modelliert werden. Berücksichtigt werden auch die Parameter für einen Abstands-, Aufschlag oder Verzögerungszünder.
UniVeMo kann folgende Wirkeffekte abbilden:
In einem Szenar können mehrere Ziele und mehrere Munitionen enthalten sein, welche miteinander wechselwirken. In Szenario-Fehlerbäumen können die Systemausfälle der beteiligten Ziele miteinander logisch verbunden werden, um beispielsweise zu ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Ziel erfolgreich bekämpft werden kann, ohne unbeteiligte Personen in der Nähe ernsthaft zu verletzen. Mit Simulationsstart werden diese Objekte bewegt, anhand der Zündermodelle die Wirkeffekte initiiert und propagiert und die Auswirkungen aller Munitionen auf alle Ziele und kollateralen Objekte berechnet.
Das Ergebnis einer UniVeMo-Simulation ist immer die bedingte Ausfallwahrscheinlichkeit unter der Annahme eines Treffers oder Probability of Kill given Hit, kurz Pk/h. In einem einzelnen Simulationslauf wird sie für jedes im Szenar enthaltene Ziel und jeden per Fehlerbaum definierten Systemausfall des Ziels ermittelt. Die Annahme eines Treffers bedeutet, dass die Munition so nahe an das Ziel kommt, dass eine Wechselwirkung stattfinden kann. Mit der Treffwahrscheinlichkeit, Ph oder Probability of Hit, kann für jeden Treffer die Gesamtwahrscheinlichkeit Pk = Ph*Pk/h einer erfolgreichen Bekämpfung ermittelt werden. Umgekehrt kann durch Variation der Treffpunkte der optimale Zielpunkt ermittelt werden, auch für indirektes Feuer.
Die Ermittlung der Treffwahrscheinlichkeit erfordert Modelle der Munitionstrajektorien von der Waffe bis zum Ziel, welche alle Einflussgrößen und deren Unsicherheiten berücksichtigen können, um die Verteilungsdichte (Streuung) am Ziel zu bestimmen. Wir nutzen hierfür auch geschlossene Näherungslösungen, welche die Zusammenhänge zwischen den Eingangsgrößen und der Ablage am Ziel wesentlich klarer offenlegen können als statistische Auswertungen von numerischen Monte Carlo Simulationen.
UniVeMo ist vollständig mit Lua-Skripten zu steuern, was eine weitreichende Automatisierung erlaubt. Daneben gibt es das UniVeMo-Lab zur grafisch-interaktiven Bedienung und UniVeMo-Studio, welches mit vordefinierten Abläufen und geprüften Auswahlmöglichkeiten für Munitionen und Ziele auch Anwendern ohne Programmierkenntnisse die Nutzung von UniVeMo ermöglicht. Studio-Ergebnisse werden in vordefinierten Excel- oder Word-Dokumenten abgelegt, in vielen Studien können auf Wunsch auch anschauliche Animationen erstellt werden.
Mit der Entwicklung von UniVeMo-Light (UVML) steht heute eine sehr einfach einzubindende und äußerst performante Lösung zur Verfügung, um die Wirkung im Ziel in höher aggregierten Simulationen abzubilden.
Ausgehend von Munition, Ziel und der anzugebenden dynamischen Begegnungssituation berechnet UVML die Ausfallwahrscheinlichkeit des Ziels mittels einer Kombination aus schnellen Berechnungen der Treffwahrscheinlichkeit und der Auftreffbedingungen sowie dem Nachschlagen von präsentierten und verwundbaren Flächen des Ziels in Tabellen, die einmalig mit UniVeMo aus seinen detaillierten Zielmodellen generiert wurden. Der erwartete Schaden durch die Druckwirkung einer Detonation und die resultierende Ausfallwahrscheinlichkeit kann ebenfalls berücksichtigt werden. Zielobjektinstanzen können von der Anwendung verwaltet werden, womit die kumulierte Wirkung über mehrere Angriffe hinweg simuliert werden kann.
Die Vereinfachungen in UVML erlauben mehrere Tausend Berechnungen pro Sekunde. Im Vergleich zu UniVeMo erreicht UVML dennoch eine erstaunlich hohe Übereinstimmung. Diese Kombination aus hoher Güte einer differenzierten Analyse und Ausführungsgeschwindigkeit hat UVML zum bevorzugten Wirkungsdaten-Provider vieler Simulationsmodelle gemacht – bei IABG, der Industrie und Behörden, im In- und Ausland.
Die Integration mit Modellen der Personenverwundbarkeit unter Berücksichtigung unterschiedlicher Schutzausrüstungen hat eine unabhängige nationale Ermittlung von Gefährdungswerten für den operationellen Waffeneinsatz nach NATO-Vorgaben (CER/RED) in praktikablen Zeiträumen bzw. mit verfügbaren Ressourcen überhaupt erst möglich gemacht. Für zukünftige Bw-übergreifende Lösungen zur Waffeneinsatzplanung (Weaponeering) wird UVML eine zentrale Rolle spielen.
Unsere Fähigkeiten bestehen aus methodischem Wissen zur Simulation der Wirkeffekte, aber auch einem tiefgreifenden Verständnis von Aufbau und Funktionsweise der Ziele und Munitionen, die wir abbilden. Entsprechend breitbandig geschultes und erfahrenes Personal ist daher ein wesentlicher Faktor erfolgreicher Projekte. IABG-Mittel für Forschung und Entwicklung, umfangreiche F&T-Studien der Bundeswehr, internationale Forschungskooperationen und immer wieder herausfordernde Aufgabenstellungen sichern die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Methoden und unseres Personals.
Das Durchführen und Auswerten dieser umfangreichen und komplexen Simulationen zur Wirkung im Ziel mit UniVeMo oder UVML ermöglichen unseren Kunden, Schwachstellen zu erkennen, unterschiedliche Lösungsansätze vergleichbar und herstellerunabhängig zu bewerten, höher aggregierte Simulationen mit realistischen Wirkdaten ohne Geschwindigkeitseinbußen zu versehen sowie notwendige Daten für den operationellen Einsatz zu gewinnen.
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