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IABG-Computernetzwerk macht Sicherheitskräfte und Soldaten fit für den Einsatz – Erprobung im Rahmen von ELITE 2006 erfolgreich verlaufen

Ottobrunn. Dass sich zwei Personen an entgegen gesetzten Enden der Welt mittels Internet ein packendes Autorennen liefern, ist heute normal. Aber wie wäre es, wenn einer der beiden das Rennen in einem realen Auto absolvieren würde, und seine Fahrt würde dem anderen in Echtzeit ins Computersystem eingespielt? Was nach Fiktion klingt, wird von der IABG bereits realisiert. Im Auftrag der Bundeswehr entwickelte das Technologie-Unternehmen eine entsprechende Simulationsplattform. In das komplexe Netzwerk können sowohl reale Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe als auch simulierte Waffensysteme integriert werden. Die von ihnen gelieferten Daten (eigene GPS-Position, Informationen über Gegner, Waffensystemstatus etc.) können zudem in virtuelle Übungsszenarien eingebunden werden.

Auf diese Weise ist es zum Beispiel möglich, dass ein simulierter Eurofighter über Süddeutschland von einem realen Radarsystem in Norddeutschland erfasst wird. Soldaten in einer realen Operationszentrale am Ort X glauben so, ein feindliches Flugobjekt würde in einen von ihnen zu sichernden Luftraum eindringen. Komplexe Übungsszenarien wie dieses konnten früher real mit mehreren Tausend Mann und schwerem Gerät unter freiem Himmel aber aufgrund sicherheitstechnischer Vorgaben nur eingeschränkt dargestellt werden. Heute können dies moderne, miteinander vernetzte Hard- und Softwaresysteme übernehmen. Das am weitesten fortgeschrittene ist das Netzwerk VIRTEL, das die IABG geplant und realisiert hat, und das sie nun betreibt. Mit der Simulationsplattform VIRTEL können Soldaten auf ihre multinationalen Einsätze vorbereitet werden. Denn sie lernen, gewonnene Informationen in Echtzeit auszutauschen. Technisches Ziel ist es, dass alle beteiligten Kräfte die Fakten erhalten, die für ihre Aufgaben relevant sind.

Die besondere Herausforderung des Netzwerks VIRTEL besteht in den Schnittstellen, über die reale und simulierte Waffensysteme ins Netz eingebunden werden. Nur wenn diese Schnittstellen innerhalb der Teilstreitkräfte und zwischen Streitkräften verschiedener Nationen einheitlichen technischen Standards entsprechen, gelingt die Vernetzung. Da die IABG in jenen internationalen Gremien vertreten ist, die diese Schnittstellenstandards festlegen, konnte sie bei der Entwicklung von VIRTEL frühzeitig auf deren Einhaltung achten.

VIRTEL wird ständig weiterentwickelt. Seit 2005 wird die Funktionsfähigkeit des Netzwerks zudem im Rahmen der seit 1991 stattfindenden „Electronic Warfare Live Training Exercises“ (ELITE) getestet. Diese jährliche Luftwaffenübung ist mittlerweile die größte ihrer Art in Europa. So nahmen an der ELITE 2006 im Mai auf dem Truppenübungsplatz Heuberg in Baden-Württemberg 1.700 Soldaten aus 23 Nationen teil. Für den Test des VIRTEL-Netzwerks wurden luftgestützte Waffensysteme (wie z.B. Tornado etc.) in einer interaktiven Simulation gegen bodengestützte Waffensysteme (Fliegerfaust, Flugabwehrraketen etc.) eingesetzt. Die beteiligten Einsatzkräfte waren zum Teil mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt. Dennoch erhielten sie ein identisches und echtzeitbezogenes Lagebild. So konnten sie sich trotz der großen Distanzen gemeinsam auf eine Mission vorbereiten.

Auch ohne militärische Großübung am Himmel konnten die Streitkräfte mit Hilfe des IABG-Netzwerks VIRTEL und den zusätzlich eingebundenen Simulationen/Stimulationen teilnehmender Firmen (CAE, EADS, DBD) nach dem Grundsatz „Train as you fight, fly as you’re trained“ trainieren. Mittel- bis langfristig können große Teile der Luftwaffenübung ELITE durch Übungen in virtuellen Räumen jederzeit betrieben und ersetzt werden. Gleichzeitig soll erreicht werden, dass Vernetzungstechniken auf andere Bereiche übertragen werden. So steht zum Beispiel noch die Vernetzung der Führungs-Informationssysteme der drei Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine aus. Dass die Erkenntnisse aus VIRTEL eines Tages auch dazu genutzt werden, Fahrdaten realer Autos oder Flugzeuge in Echtzeit in Internet-Computerspiele zu integrieren, ist zumindest nicht auszuschließen.